Die Grande Traversata delle Alpi (GTA) ist ein Weitwanderweg, der in rund 1000 km und 55 Tagesetappen den gesamten piemontesischen Westalpenbogen durchzieht, von den Walliser Alpen, Grajischen Alpen über die Cottischen Alpen bis zu den Seealpen und Ligurischen Alpen. Da dieser Teil der Alpen in zahlreiche Quertäler gegliedert ist, verlaufen die Tagesetappen oft über Pässe, die hochgelegene Talorte miteinander verbinden; andere Etappen sind Höhenwege innerhalb eines Tals.
Verlauf der GTA.
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Es ist zweckmäßig, zwischen einem Nordteil und einem Südteil zu unterscheiden, als deren Grenze das tief eingeschnittene Susa-Tal angenommen wird. Die GTA kann in beide Richtungen begangen werden; im Einklang mit den deutschsprachigen Führern wird sie im folgenden von Nord nach Süd beschrieben:
Nordteil
Der Einstieg in den Nordteil ist problematisch. Der ursprüngliche Plan, die GTA am Lago Maggiore beginnen zu lassen, ist mangels geeigneter Unterkünfte nie realisiert worden. Eine für aus der Schweiz anreisende Wanderer attraktive Variante beginnt am Griespass; ein anderer Einstieg beginnt in Saas Almagell und trifft die GTA-Etappen erst in Alagna Valsesia. Der offizielle Einstieg ist bei Molini di Calasca im Valle Anzasca; geeigneter ist Forno im Valstrona. Der Weg führt auf der Nordseite des Valsesia nach Alagna am Monte Rosa. Das westlich anschließende Aostatal wurde ausgespart; der Weg biegt nach Süden ab, berührt den Wallfahrtsort Oropa und erreicht in Quincinetto am Durchbruch der Dora Baltea mit 295 m den tiefsten Punkt der gesamten GTA. Der Weg führt sodann in sechs Etappen nach Westen, am Gran Paradiso vorbei bis in die Nähe der französischen Grenze, der er von dort an Richtung Süden folgt. Nach Querung von drei Tälern, die alle bei Lanzo Torinese in die Tiefebene münden, erreicht man nach insgesamt 26 Etappen Susa.
Rimella, Etappenort am nördlichen Endpunkt der GTA
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Südteil
Im Südteil teilt sich die GTA mehrmals in verschiedene Varianten auf. Eine voralpine, schon ab Anfang Juni begehbare Variante ("Ostroute") ist im Bereich zwischen Susa- und Varaitatal aufgegeben worden: es gibt nicht überall Unterkünfte, Markierungen sind nur noch sporadisch zu finden, und Wege wachsen zu. Hingegen ist die westlichere Hauptvariante durchgehend begehbar; die Infrastruktur ist tendenziell besser als im Nordteil. Vom Susatal aus verläuft die GTA in Richtung Süden. Sie quert die Täler Chisone, Germanasca und Pellice. Anschließend muss man den Monviso umgehen, entweder westlich durch das französische Queyras, oder östlich über zwei Hütten des italienischen Alpenvereins. Beide Varianten vereinen sich im Valle Varaita. Die GTA quert sodann die Täler Maira, Grana, Stura di Demonte, Gesso, Vermenagna, bevor er in die Ligurischen Alpen führt und dort in Viozene (Gemeinde Ormea) nahe der Grenze zu Ligurien endet (Übergänge nach Frankreich in den Nationalpark Mercantour sind vom Stura-, Gesso-, und Vermenagna-Tal möglich).
Die GTA ist in der Regel ab Ende Juni schneefrei. Unter dieser Voraussetzung ist sie ein Bergwanderweg ohne technische Schwierigkeiten. Anspruchsvoll ist zum Teil die Orientierung in einsamem Gelände bei unregelmäßiger Markierung und nicht immer eindeutig erkennbarem Wegverlauf. Die physische Schwierigkeit ergibt sich aus der Anlage als Passwanderung von Quertal zu Quertal; typische Höhenunterschiede sind 600 bis 1200 m Aufstieg und Abstieg pro Tag. Besonders im Nordteil sind einige Etappen sehr lang.
Val Susa, Grenze zwischen Nord- und Südteil der GTA
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Die GTA ist im Sinne der ökologischen Höhenstufen kein alpiner, sondern ein überwiegend montaner und subalpiner Weg. Sie verläuft ganz überwiegend durch früher intensiv genutzte, dicht besiedelte Kulturlandschaft.
Die traditionelle Berglandwirtschaft ist im Verlauf des 20. Jahrhunderts weitgehend zusammengebrochen. Die von der GTA berührten Täler haben von 1870 bis 2000 einen Bevölkerungsrückgang von oft 80 % erlitten; obere Talorte sogar von 90 bis 95 %.[2] Manche Weiler, in denen früher hundert Menschen lebten, sind ganz aufgegeben, in anderen wohnen noch ein oder zwei alte Leute. Zum Teil kehren Nachkommen in den Sommermonaten zurück und richten sich das geerbte Anwesen als Zweitwohnung her, zum größeren Teil verfallen die Häuser ungenutzt.
Da der Zusammenbruch der traditionellen Strukturen deutlich später als im benachbarten Frankreich erfolgt ist, hat man auf der GTA noch reichhaltige Gelegenheit, Relikte der alten Wirtschaftsweise zu beobachten. Oft verläuft die GTA auf alten Wegen, die früher die einzelnen Weiler einer Gemeinde miteinander verbanden. Besonders beeindruckend (und angenehm zu nutzen) sind die befestigten "Mulattieras" (Maultierpfade) in den Kastanienwäldern der kollinen Höhenstufe. Diese Stufe war dicht besiedelt, bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine Kastanienkrankheit die bisherige Ernährungsgrundlage schlagartig vernichtete. In höheren Lagen kann man immer wieder Begrenzungsmauern alter Ackerterassen entdecken, da in jeder Gemeinde zur Selbstversorgung auch Getreide angebaut wurde. Lebendig ist in einigen Gegenden, insbesondere im Nordteil, noch die Almwirtschaft.
Die Alpentäler waren kulturell eigenständig und hatten über zahlreiche fußläufige Passverbindungen hinweg engeren Kontakt mit benachbarten Gegenden in Frankreich und in der Schweiz als in die Po-Ebene. Bis ins 20. Jahrhundert hinein bildete der Alpenhauptkamm auch keine Sprachgrenze. Das Valsesia ist altes Siedlungsgebiet der Walser. In den Lanzo-Tälern wurde wie im Aostatal Frankoprovenzalisch ("Arpitan") gesprochen. Im unteren Susatal wurde wie in der Tiefebene Piemontesisch gesprochen. Südlich des Susatals war geschlossenes okzitanisches Sprachgebiet. Erst in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs lernte ein nennenswerter Teil der Bevölkerung Italienisch. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Rückgang der Regionalsprachen nicht mehr aufzuhalten; in einigen abgelegenen Tälern leben aber auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch Familien, die zu Hause Okzitanisch sprechen.
Eine weitere kulturelle Besonderheit war die Gemeinschaft der vorreformatorisch-evangelischen Waldenser, die in den Waldensertälern Chisone, Germanasca und Pellice, von grausamen Verfolgungen unterbrochen, ein toleriertes Rückzugsgebiet hatten.
Talschluss des Valle Po.
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In den Penninischen (Walliser) Alpen, vom Valle Anzasca zur Dora Baltea
In den Grajischen Alpen, von der Dora Baltea ins Tal von Susa
In den Cottischen Alpen, vom Val Susa ins Valle Stura
In den Seealpen und den Ligurischen Alpen, vom Valle Stura ins Val Tanaro
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